Heimkehr

Sonntag, 4. September 2011

Die Gefühle in den letzten Tagen in Bangkok lassen sich für mich nur sehr schwer in Worte fassen. Einmal stand ich an genau dem Punkt, an dem ich 7.5 Monate zuvor aus dem Airport Shuttle Bus ausgestiegen bin. Um tausende Erfahrungen und Erlebnisse reicher, als Mensch der etwas von der Welt gesehen hat. In diesem Moment habe ich mich selbst bewundert. Wie habe ich das bloss geschafft, vor einigen Monaten ganz alleine in diese total verrückte Stadt zu kommen, mich irgendwie in einer total fremden Kultur zurecht zu finden, mit dem Wissen noch so lange alleine unterwegs zu sein. Das Stichwort ist wohl endlose Neugier. Der Drang des Entdeckens und die Faszination der Fremde.
Wie bereits vor resp. direkt nach der Abreise rissen mich meine gegensätzlichen Gefühle auch am Ende meiner Reise fast auseinander. Einerseits war da die grosse Freude meine Familie und Freunde wieder zu sehen und wieder ein zu Hause mit den verschiedensten Annehmlichkeiten zu haben. Andererseits war ich aber auch traurig am Ende dieser Reise zu sein, das Spannende und Ungewohnte zu verlassen, dem "in den Tag leben" den Rücken zu kehren und in mein eher langweiliges Leben zu Hause zurück zu kehren. Natürlich hiess es auch nicht nur Freunde wieder zu sehen, sondern auch zwei sehr liebgewonnen Freunde zurück zu lassen. Ich bin sehr froh Miranda und Joe durch einen kleinen Zufall kennengelernt zu haben und mit ihnen so viele Erlebnisse, heitere und traurige Stunden geteilt zu haben.

Der Abschied am Flughafen fiel mir schwer, einmal mehr hiess es, durch eine Tür zu laufen, und nicht versuchen sich umzudrehen. Kurz vorher habe ich allerdings noch erfahren, dass ich für den 13 Stunden Flug kostenlos in eine bessere Sitzkategorie gebucht wurde. Das hat mich doch etwas aufgeheitert und war eine Wohltat nach so vielen Wochen in engen Klapperbussen :) Ich fand es etwas verwirrend, dass es im Flugzeug um etwa 2 Uhr 30 morgens Znacht gab, aber man ist ja flexibel. Ich konnte dann allerdings gar nicht warten mit dem Einschlafen in meinem gemütlichen, breiten Sitz bis das Tablett abgeräumt wurde. In London angekommen wurde ich dann so richtig aufgeregt. Ich war froh als ich endlich das Flugzeug nach Zürich borden konnte und nur noch 1.5h von zu Hause entfernt war. Man stelle sich das mal vor :) In Zürich stand ich dann im Gatezügli mit dem breitesten Grinsen auf dem Gesicht und habe mein Gepäck ganz schnell geschnappt. Draussen erwarteten mich dann wesentlich mehr Leute, als ich eigentlich erwartet habe, so dass ich erst Mal etwas sprachlos und überwältigt war. Auf jeden Fall noch einmal ein grosses Danke, an alle die sich die Zeit genommen haben, mich abzuholen. Ihr habt mir eine grosse Freude gemacht.

Ich hätte gedacht, das nach Hause kommen würde sich fremder anfühlen. Meine Familie und unser Haus kam mir jeweils fremder vor, wenn ich nur 3 Wochen in den Ferien war. Ich nehme aber an, das war, weil ich mich damals nicht so intensiv mit dem nach Hause kommen auseinander gesetzt habe.

In den nächsten Tagen habe ich mir viele Gedanken gemacht, inwiefern mich diese Reise verändert hat. Ich hatte teilweise Angst, mich mit meinen Freunden nicht mehr so gut zu verstehen. Meine Familie hat sich darüber "beschwert", dass ich elend langsam esse und ebenso langsam durch die Stadt laufe. Ich denke die Aussage einiger Menschen, dass ich in diesem Jahr mehr als nur das eine Jahr älter geworden bin stimmt wohl. Ich habe zwar viele sehr schöne Dinge gesehen, aber auch Armut und Umweltzerstörung ganz nahe mitbekommen. Vielleicht kann man nicht mehr ganz so unbeschwert leben wie zuvor, man achtet auf andere Sachen, und Dinge, die vorher sehr wichtig waren, wurden nebensächlich. In den ersten Tagen fühlte ich mich von meinem Besitz überrumpelt. Ich habe es nicht fertig gebracht, Kleider anzuziehen oder Dinge zu benutzen, die ich nicht auch auf der Reise zur Verfügung gehabt habe.

Ich bin unendlich dankbar, dass es mir möglich war diese Erfahrungen zu machen, die wunderschönen Orte der Welt zu bereisen, so viele Menschen und ihre Lebensgeschichten kennenzulernen und meine Grenzen kennengelernt und erweitert zu haben. Aber auch, mir wieder bewusst zu werden, wie wunderschön und luxuriös mein zu Hause ist. In was für einem guten Staat ich leben darf. Wie viele Türen mir überall in der Welt offen stehen und was für fantastische Leute auf mich gewartet haben und mit mir mitgefiebert haben. Manchmal hat es mich traurig gemacht, wieviele Nachrichten ich von zu Zuhausegebliebenen erhalten haben, in denen sie schrieben, wie sie sich wünschten, eine solche Reise gemacht zu haben. Ich möchte abschliessend einfach noch sagen, es ist nie zu spät. Klar ist einiges anders für mich mit 25 als es für die älteren Semester ist. Aber ich habe sehr viele sogar pensionierte Reisende kennen lernen dürfen, die mich sehr inspiriert haben. Es ist nie zu spät seine Träume zu verwirklichen. Man muss den sicheren Hafen verlassen, manchmal wünscht man sich den einfachen Weg gegangen zu sein, aber es lohnt sich absolut und jede Sekunde :)

Zum Abschluss noch ein berühmtes Zitat von Aurelius Augustinus
"Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon"

Ich bin froh einige Seiten in diesem Buch gelesen zu haben. Aber irgendwie bin ich gerade an einer verdammt spannenden Stelle... Ich werde dieses Buch wahrscheinlich nie zur Seite legen können und freue mich, noch diesen Monat eine weitere Seite umzuschlagen: Ich verreise für einige Tage nach Riga (Lettland) um meine hoffentlich zukünftige Heimat auf Zeit etwas auszuchecken. Ich hoffe also ihr schaut weiterhin von Zeit zu Zeit hier rein. Für mich bleibts auf jeden Fall spannend.

Empfangskomittee